Was ist ein Rückkehrgespräch?
Um genau zu sein ist es ein Kranken-Rückkehrgespräch. Wenn ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin nach längerer Krankheit wieder in das Unternehmen zurückkommt, wird in manchen Unternehmen ein sogenanntes Rückkehrgespräch durchgeführt. Für diese Art von Gespräch gibt es keine gesetzliche Grundlage, der oder die Betroffene muss diesem Gespräch zustimmen. Auch ein Betriebsrat muss zustimmen, wenn ein Unternehmen Kranken-Rückkehrgespräche einführen möchte. Bei Führungskräften hält sich die Begeisterung für Rückkehrgespräche in Grenzen, sie werden nicht gern geführt. Das Beispiel aus meiner Coachingpraxis zeigt, wie Sie ein Rückkehrgespräch erfolgreich führen können.
Mein Coachee arbeitet in einem mittelgroßen Unternehmen und leitet ein elfköpfiges Team. Der Krankenstand ist im Branchenvergleich recht hoch. Die Personalleitung hat daher entschieden, dass zukünftig mit kranken Mitarbeitern sogenannte Rückkehrgespräche geführt werden sollen. Alle Führungskräfte haben einen Leitfaden erhalten. Weitere Informationen oder Schulungen gab es dazu nicht. Der Coachee sollte zum ersten Mal ein Rückkehrgespräch mit einem Mitarbeiter führen und wollte sich darauf möglichst gut vorbereiten.
Misstrauen trifft Unsicherheit
Rückkehrgespräche sind ein heikles Thema – für beide Seiten. Beschäftigte stehen diesen Gesprächen oft misstrauisch gegenüber. Sie fragen sich, welches Motiv dahintersteht und ob der Arbeitgeber nach einem Grund sucht, sie loszuwerden. Führungskräfte sind häufig unsicher, was sie überhaupt fragen dürfen und was sie wissen sollten. Deshalb sind für die Vorbereitung eines solchen Gesprächs drei Fragen wichtig:
Krankheitskultur
Jedes Unternehmen hat seine eigene Krankheitskultur: In der einen Firma wird erwartet und vorgelebt, dass man auch mit dem Kopf unterm Arm zur Arbeit kommt. In einem anderen Betrieb wird niemand schräg angesehen, weil er bei einer starken Erkältung zuhause bleibt und sich auskuriert. Seit 2004 sind Unternehmen verpflichtet Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ein Betriebliches Eingliederungs-Management (BEM) nach § 84 Absatz 2 Sozialgesetzbuch IX anzubieten, wenn sie länger oder häufiger krank sind. Diese Fragen sollte sich eine Führungskraft vor dem Gespräch ehrlich beantworten.
Diese Fragen sollten Sie sich zur Vorbereitung auf das Gespräch ehrlich beantworten.
Vertrauensverhältnis
Entscheidend für ein erfolgreiches Rückkehrgespräch ist auch, ob der erkrankte Mitarbeiter Ihnen vertraut und Sie als glaubwürdig wahrnimmt. Wenn das Betriebsklima im Team gut ist, wissen Führungskräfte in der Regel, wem es wie geht und warum jemand krank ist. Dann kann ein Rückkehrgespräch für beide Seiten offen, respektvoll und konstruktiv sein. Wenn die Stimmung im Team oder im Unternehmen dagegen eher angstbesetzt ist, werden sich Beschäftigte in einem solchen Gespräch auch nicht öffnen. Auch diese Fragen sollte die Führungskraft selbstkritisch für sich beantworten:
Das Rückkehrgespräch führen
Hat sich der Mitarbeiter / die Mitarbeiterin beim Sport das Bein gebrochen und ist der Bruch vollständig ausgeheilt, muss sicher kein Gespräch geführt werden. Es handelt sich um eine einmalige und nachvollziehbare Erkrankung, die mit Sicherheit nichts mit dem Unternehmen zu tun hat.
Zunächst einmal: Beschäftigte sind nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber die ärztliche Diagnose mitzuteilen. Gleichzeitig ist der Arbeitgeber berechtigt zu erfahren, ob die Erkrankung im direkten Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht. z.B. Stress, hoher Druck, hohe Arbeitsbelastungen, Arbeitszeiten, Mobbing oder anderes. Beim Gespräch ist Fingerspitzengefühl gefragt. So können Sie als Führungskraft vorgehen:
Begrüßung
Schaffen Sie eine freundliche Atmosphäre, die dazu beiträgt, dass der Mitarbeiter sich öffnet. Begrüßen Sie den Rückkehrenden, berichten Sie, was während seiner Abwesenheit wichtig war. Holen Sie ihn wieder ins Boot. Fragen Sie wie es ihm geht, ob er/sie sich wieder fit fühlt. Bohren Sie nicht nach der Diagnose. Wenn Sie eine gute Beziehung zu dem Erkrankten haben, wird er Ihnen wahrscheinlich mitteilen, woran er/sie erkrankt war.
Der Grund des Gesprächs
Erklären Sie dem Rückkehrenden warum Sie dieses besondere Mitarbeitergespräch führen. Z.B. dass Ihnen aufgefallen ist, dass er/sie bereits zum wiederholten Male ausgefallen ist. Schildern Sie, wie sich das auf den Arbeitsalltag ausgewirkt hat. Achten Sie auf positive Formulierungen – es sollen keine Vorwürfe daraus werden. Sie wollen seine/ihre Arbeitskraft und Expertise. Damit er/sie wieder motiviert an die Arbeit geht, könnten Sie ihm/ihr sagen, dass er/sie bereits vermisst wurde, Kunden nachgefragt haben und Ähnliches.
Ursachenforschung
Oft spielen auch private Probleme bei Erkrankungen eine Rolle. Hören Sie zu, was Ihnen Ihre Mitarbeiter sagen, nicht nur beim Rückkehrgespräch, sondern auch beim Jahresgespräch oder wann immer sich die Gelegenheit ergibt. Beschäftigte, die sich verstanden fühlen bauen gute Bindung zum Unternehmen aufbauen, anders als Mitarbeiter / Mitarbeiterinnen, die sich nur wie eine Nummer fühlen.
Fragen Sie in dem Gespräch nach möglichen Ursachen am Arbeitsplatz. Stellen Sie klar, dass sie das Arbeitsumfeld oder die Arbeitsbedingungen verändern werden, sofern dies sinnvoll und machbar ist. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch, eine Veränderung der Arbeitsaufgaben kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Vielleicht gibt es einen Konflikt im Team / am Arbeitsplatz, den Sie bisher nicht erkannt haben. Diesen Konflikt zu klären und aus der Welt zu schaffen, wird bei alle Betroffenen zur Gesundheit beitragen.
Abschluss
Treffen Sie genaue Aussagen darüber, wie Sie beide zukünftig derartige Krankheitsausfälle verhindern wollen: Ist der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin beispielsweise alleinerziehend, könnte eine Umstellung auf Teilzeit eine Lösung sein.
Gibt es tatsächlich Probleme im Arbeitsumfeld, sind Sie als Führungskraft gefordert. Jetzt Beweisen Sie, dass Sie bereit sind Veränderungen anzustoßen und dass Ihnen die Gesundheit Ihres Teams am Herzen liegt.
Zusammenhang zwischen Erkrankung und Arbeit
Der Zusammenhang zwischen Arbeit und Gesundheit sollte jedoch nicht nur in Rückkehrgesprächen thematisiert werden. Gibt es einen festen Termin, an dem Sie mit Ihrem Team über Probleme am Arbeitsplatz sprechen? Über den Ärger mit Lieferanten und Kunden, den zunehmenden Termindruck, die unzureichenden Arbeitsmittel, die Konflikte mit der Nachbarabteilung, die Sorge vor Kündigungen? Wenn das Thema „Gesundheit und Arbeit“ regelmäßig auf Ihrer Agenda steht, tragen Sie dazu bei, den Krankenstand zu senken und die Leistungsbereitschaft Ihres Teams zu erhalten.
Die andere Seite
Eine Anmerkung zum Schluss: Rückkehrgespräche können sehr demotivierend sein. Deshalb es ist wichtig, dieses Instrument sorgfältig einzusetzen. Ich kenne aus meiner Praxis als Coach auch die andere Seite. Rückkehrgespräche, die schematisch abgearbeitet werden, weil die Personalableitung sie erwartet, ändern nichts. Eine Führungskraft, die ansonsten desinteressiert wirkt und dann so ein Gespräche entsprechend führt, wird von den Beschäftigten weder ernstgenommen noch kann sie etwas bewirken.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit Rückkehrgesprächen?
Haben Sie schon einmal eins geführt? Oder waren Sie dazu eingeladen?
Sie möchten souverän Mitarbeitergespräche führen?
Lassen Sie uns miteinander reden.